Kein JJLVK 2020, aber trotzdem eine Menge los

Die geraden Jahre sind die besonders guten Jahre für den D-Kader Westfalen, denn fast alle westfälischen Leistungsträger sind in geraden Jahren geboren und somit in geraden Jahren stets die potentiell erfolgreicheren, weil erfahreneren in ihren Altersklassen. 2020 hätte vielleicht einen weiteren Achtungserfolg gebracht. Kaatje Fanitini D20, Arvid Wittiber H16 hatten sich für das Nationalteam qualifiziert, Emma Caspari, Arvids Bruder Ole, Anton Knoll, Annkathrin Knoll, Lisa Harms sind auch immer für Topleistungen gut. Sönke Wiebelitz, Malte Lindemann, Phillin Hamich, Oksana Guskova, Benno von Wrede, Lola Caspari, Delania und Tamino Hölzer und all die anderen Hoffnungsträger Westfalens hätten vielleicht mal richtig einen „rausgehauen“ und gezeigt, dass die Top 3 Landesverbände in Deutschland sich langsam in Acht nehmen müssen, denn wenn unsere 2004er-Läuferinnen erstmal bei den Junioren sind, dann wird’s beim Juniorenpokal eng für Niedersachsen, Bayern und vielleicht sogar für Sachsen. Aber ein Achtungserfolg konnte aus bekannten Gründen 2020 nicht erzielt werden.

Das Jahr hatte gut begonnen. Ende Februar direkt nach Karneval trafen wir uns zum D-Kader-Lehrgang in Dortmund Hohensyburg. Übernachtet hatten wir in der Burg Husen, einem Pfadfinderheim. Wir waren so viele, dass wir ein paar der Älteren in einem Hotel unterbringen mussten. Trainiert, gelernt, gegessen, gefeiert haben wir trotzdem alle zusammen in der Burg, dicht an dicht, mit Spielen und OL-Theater-Stücken, bei denen die Teilnehmer teilweise regelrecht aufeinander lagen. Große Nähe zu sehr vielen Menschen war für uns noch völlig normal. Corona spielte im improvisierten Theaterstück sogar schon eine Rolle. Wir machten Witze darüber, ohne zu ahnen, was da auf uns zukommt. Interessanterweise waren in den Supermärkten die Nudeln schon knapp, denn um für 36 Leute genügend Nudeln zu bekommen, mussten wir die Restbestände aus fünf verschiedenen Supermärkten zusammenhamstern. Toilettenpapier gab es mehr als ausreichend, da hatten wir uns beim Einkauf gehörig verschätzt und viel zu viel gekauft. Im Nachhinein mache ich mir Sorgen, ob wir etwa durch unsere überdimensionalen Nudel- und Klopapierkäufe die bundesweit folgenden Hamsterkäufe entscheidend mitbefeuert haben.

Theorie auf engstem Raum

Trainiert wurde in Hohensyburg auf der Karte Schweitzer Wäldchen überarbeitet von Dieter Kleist, in Hagen auf der Karte Fleyer Wald an der Fernuni auch von Dieter Kleist überarbeitet und in Wetter Wengern auf der Karte Elbschebach von Peter Depta. Mal ging es mehr um Technik, mal mehr um Tempo und mal sollte es einfach nur Spaß machen. Die Truppe war gut drauf und ich habe immer noch übrige Nudeln vom Winterlehrgang bei mir zu Hause in der D-Kaderkiste.

Ohne Abstand? Kein Problem am 28. Februar

Knapp zwei Wochen später am Freitag den 13.März wurde der erste Lockdown verkündet, Schule zu, Vereine zu, Spielplätze zu, kurzum alles zu, was Spaß macht. Naja, es musste nun Mal sein.

Irgendwann im Laufe des Frühjahrs wurde klar, man darf sich wieder treffen, wenn auch unter Auflagen, aber man darf. Das Trainerteam beschloss, sich ein Hygienekonzept zu geben und so gut es geht, den Frühsommerlehrgang stattfinden zu lassen. Wir entschieden uns für einen zweigeteilten Lehrgang ohne Übernachtung, Samstag 20. Juni in Siegen und Sonntag 21. Juni in Oerlinghausen. An jedem der Tage gab es zwei Trainings, Technik am Vormittag und Tempo am Nachmittag. Das Wetter war fantastisch, die Abstände zwischen den Teilnehmern waren groß. Mit dem Hygienekonzept war ich unsicher, denn ich wollte keinem unnötige Auflagen machen und womöglich den Spaß verderben, aber auch jedem ein coronasorgenfreies Training ermöglichen. Am Ende gelang es, Spaß und Sicherheit zu vereinen. Die Ansprachen vorher und die Besprechungen hinterher vielen kürzer aus als sonst. Man desinfizierte nicht so oft, wie geplant, hielt aber Abstand, brüllte nicht „WESTFALEN – HAUPTSACHE ROT WEISS!“ und war trotzdem froh, sich wiederzusehen, und wieder OL zu machen.


Postenhatz mit Postennestern in Oerlinghausen (Je nach Altersklasse musste man pro Nest nur einen, zwei oder drei Posten stempeln)

Kurz danach wurde der für Herbst geplante JJLVK doch noch endgültig abgesagt. Wir hatten es erwartet, trotzdem waren wir enttäuscht, zumal sich die Coronazahlen günstig entwickelt hatten. Dass die Entscheidung trotzdem richtig war, da die Zahlen im Herbst ungeahnte Negativrekorde erreichten, ahnten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht. Die D/H20iger aus diesem Jahr sollen übrigens noch ein Jahr im D-Kader verbleiben und sowohl beim nationalen JJLVK als auch bei der ausgefallenen EYOC international nochmal in ihrer Altersklasse von diesem Jahr starten dürfen.

Wenn es schon keinen JJLVK gibt, dann müssen wir doch etwas anderes veranstalten, eine Alternative finden, am besten mit Übernachtung, dachten wir uns. Die Idee eines Jugendwettkampfes wurde geboren. Termin sollte der 12./13.September sein, eine Woche vor den Sichtungsläufen für die Nationalmannschaften in Regensburg. Nach Rücksprache mit der Abteilung Leistungssport vom WTB wurde dann natürlich mit Hygienekonzept munter geplant. Zuerst wollten wir dazu auch Hessen, Rheinhessen und Niedersachsen einladen. Das war uns aber nicht geheuer, zumal wir auch übernachten wollten. Genau das wurde in der Planung zum Problem bereits für die kleine Gruppe der Westfalen, keiner wollte uns haben, überall war es zu eng, um 35 oder mehr Leute mit genügend Abstand aufzunehmen. Als uns 14 Tage vor Beginn auch noch die letzte feste Unterkunft endgültig absagte, fand sich trotzdem eine fantastische Lösung. Die OL-Familie Hollmann-Schmidt ließ uns in Steinhagen bei Bielefeld auf ihrer Wiese zelten. Mehr noch, wir bekamen dort ein WKZ aufgebaut, was eines 24-h-OLs würdig gewesen wäre. Es gab Außenduschen, ein 100-Personen-Essenszelt, einen Toilettenwagen mit fließendem Wasser, Strom und jede Menge Platz zum Abstandhalten. Beim Hygienekonzept haben wir uns an die Vorgaben des WTB und die des Hotel und Gaststättenverbandes gehalten, haben brav desinfiziert, feste Zelt- und Tischgruppen gebildet, die nur aus zwei Haushalten bestanden und natürlich wurden ordnungsgemäß alle Kontaktdaten gesammelt.


Munteres Rein und Raus auf der Sparrenburg

Die Wettkämpfe bestanden aus einem Einzellauf, einer Sprintstaffel am Samstag und einer Waldstaffel am Sonntag. Bei den Staffeln wurde selbstverständlich berührungslos gewechselt. An den Wettkämpfen nahmen 25 Westfalen und Westfälinnen teil. Eingeteilt wurde in drei Kategorien: Anfänger, kurz-leicht und lang-schwer. Am Abend gab’s nach der gelieferten Pizza ein großes Lagerfeuer, um das man sich mit Abstand setzte und vergaß, dass dieses Jahr doch eigentlich alles anders ist. Sonntagmittag gab es endlich mal wieder eine Siegehrung. Am Schluss wurde gemeinsam das 100-Personenzelt abgebaut und hygienisch korrekt mit dem Rücken zueinander „WESTFALEN – HAUPTSACHE ROT WEISS!“ gebrüllt.


Hygienisches Westfalenbrüllen

Aber ein Lehrgang stand ja noch an. Beflügelt vom lockeren Sommer und mit dem Gefühl, es könne nur aufwärts gehen, planten wir unseren Herbstlehrgang 2020 für den 13. – 15. November in Lübbecke. Wenn das gelänge, hätten wir genauso viele Veranstaltungen für die Jugend in Westfalen durchgeführt, wie in einem normalen Jahr. Aber da hatten wir die Rechnung ohne Corona gemacht. Der Bottroper LRL in Duisburg und der Sprint-LRL in Hamm durften unter Auflagen noch stattfinden, doch ab dem 2.11. war wieder alles geschlossen und verboten, was mit vielen Menschen, aber nicht mit Arbeiten oder Einkaufen zu tun hat. Wir wissen, dass wir uns einschränken, damit möglichst viele Menschen gesund bleiben und machen das beste daraus. Außerdem haben wir mittlerweile alle gelernt, dass Videokonferenzen kein Hexenwerk sind. Warum den Herbstlehrgang also nicht digital durchführen? Gesagt getan: Geplant wurde der Lehrgang natürlich auch per Videokonferenz via jit.si einer einfachen kostenlosen Videochatplattform.

Das Lehrgangsprogramm sah wie folgt aus: Samstag und Sonntag 16 – 18 Uhr sollten sich alle Teilnehmer freihalten und dann pünktlich in Sportsachen die Kamera anschalten. Begonnen wurde mit Gymnastik und Stabitraining. Dann gab es Samstag eine Online-Theorieeinheit mit Geländeformenmemory von der Schweizer Schul-OL-Seite scool.ch. Als Nächstes kam ein amüsantes Quiz und zum Schluss noch ein virtuelles OL-Rennen auf einer ausgewählten Strecke von http://3drerun.worldofo.com/2d/runningwild.php, dort muss man die beste Route in eine Bahn einzeichnen, während man von einem Pac-Man gejagt wurde. Die Routenwahlen wurden wie nach einem realen Lauf akribisch und mit Erkenntnisgewinn für alle ausgewertet.


Rechts ist 20 m kürzer – Das kann man auch unter Zeitdruck sehen (http://3drerun.worldofo.com/2d/runningwild.php TrickySprint)

Sonntag war das Programm ähnlich, nur die Theorieeinheit bestand dieses Mal aus Motivationsvorträgen der beiden Kaderathleten Kaatje D20 und Arvid H16, die 2020 nach hartem Training den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft hatten. Im Anschluss daran blieben noch einige Kaderathleten online und spielten Werwölfe, das Spiel, welches bei realen Kaderlehrgängen schon mal bis 4 Uhr morgens gespielt wird.

Die beiden Neuwestfalen Alva und August-Friedrich Reindl 10 und 8 Jahre alt nahmen auch am Lehrgang teil. Selbst wenn die Aufgaben nicht immer leicht waren, hat es ihnen sehr viel Spaß gemacht. So ging es vielen der ca. 20 Teilnehmer. Die Motivation wurde auf jeden Fall gesteigert und um es mit den Worten von unserem dienstältesten D-Kadertrainer Christian Gieseler zu sagen: Es wurde der Kitt angerührt, der die Westfalen auch in Zukunft zusammenhalten soll. Ich hoffe, der Zusammenhalt bleibt. Weitere Veranstaltungen sind schon geplant: Alle zwei Wochen sonntags treffen wir uns wieder zur Videokonferenz mit Stabitraining und Onlinequiz. Aktuell gibt es einen Adventskalender mit einer anderen digitalen OL-Aktivität jeden Tag bis Weihnachten. Für den 16. – 18. April ist der nächste reale D-Kaderlehrgang in Witten geplant. Drückt die Daumen, dass er stattfinden kann!

Basti Schmetzke (Landesjugendfachwart)